Aufstieg von Arolla zur Cabane de Vignettes - Etappe von der
Cabane de Vignettes nach Zermatt
Der fünfte Tag beginnt dramatisch: Als uns unser Vermieter
zum Frühstück abholt, das in einem anderen Gebäude
stattfindet, klemme ich mir die Finger in der Autotür. Im ersten
Moment wird mir schwarz vor Augen, dann verlange ich nach einem Arzt
und denke die Skitour ist gelaufen, wage endlich einen Blick auf meine
rechte Hand, sehe, dass alle Finger noch an Ort und Stelle sind und
dass nur ein bisschen Blut zu sehen ist. Eine viertel Stunde
später ist die Welt wieder halbwegs in Ordnung, die Finger
hellblau aber relativ schmerzfrei und ich kann mich mit den anderen auf
den Weg zur Cabane de Vignettes (3160m) machen. Wir beginnen den
Aufstieg von 1200 Höhenmetern auf den Pisten von Arolla kurz vor
Mittag und steigen dann auf dem Glacier de Piece bis zur Hütte.



Um fünf Uhr nachmittags auf der Hütte angekommen, fällt
so mancher begehrliche Blick auf die Pigne d'Arolla - der klassische
Skitourengipfel in dieser Gegend mit ideal geneigten Hängen bis
zum Gipfel.


Ein Blick zurück von der Hütte zeigt die Pigne d'Arolla
von ihrer abweisenden Seite ...
... aber die ideal geneigten Südost Hänge sind gut
gespurt und es gibt noch fast drei Stunden Tageslicht. Holger und
Stefan wolle's wisse und machen sich an die restlichen 500
Höhenmeter Aufstieg.



Der Gipfel wird erreicht, das Abendessen ebenfalls noch rechtzeitig,
und am nächsten Morgen rennen wir um fünf mit hundert anderen
in Richtung Zermatt los. Obwohl durch morgendlichen Stau am
Hüttenklo ausgebremst, schaffen wir es irgendwie, die Spitze des
Feldes zu erobern, die wir bis zum Col de Valpelline in illustrer
Gesellschaft halten: Beim Abendessen haben wir einen sehr netten
französischen Bergführer und Everestbezwinger mit seinen
beiden japanischen Kunden, einem Ehepaar auf Hochzeitsreise,
kennengelernt. Die Arbeitsteilung läuft ganz gut: Er weiss genau
wo's langgeht und wir treten seinen Kunden im Neuschnee die
Aufstiegsspur breit. Unser erstes Ziel auf dieser ca. 25 km langen
Etappe ist der Col de l'Evêque (3386m).



Harald, Holger und Stefan im Col de l'Evêque. Blick hinüber
zu unserem Leib und Magen Berg, dem Mont Brulé mit malerischer
Wolkenkappe. Und hier geht's runter ... Dent d'Herens in der Ferne.
Es folgt eine herrliche Abfahrt hinunter auf den Haut Glacier
d'Arolla. Unten werden wieder die Felle aufgeschnallt, um den Gletscher
Richtung Col du Mont Brulé (3213m) zu überqueren. Wir
erhalten vom französischen Bergführer die Anweisung: "Go
ahead and make a nice German track." Also los.



Leider scheint unsere Spur Bergführeransprüchen nicht vollauf
zu genügen: Wir umgehen eine Einsenkung links, Monsieur Grenier
zieht mitten durch. Auch egal, wir kommen gleichzeitig am Fusse des
Cols an. Aufgrund der Steilheit müssen die Skier hier wieder auf
den Rucksack gebunden werden. Angenehmerweise sind schon Trittspurcn
vorhanden, die kaum vom Neuschnee zugedeckt sind. Wir werden Zeugen
eines beeindruckenden Schauspiels: Der Bergführer lässt seine
beiden Kunden stehen, steigt blitzschnell zum Col hoch, deponiert dort
Rucksack und Ski, springt mit riesen Schritten wieder hinunter,
schultert das Gepäck der Dame und der Dreiertrupp setzt sich in
Bewegung Richtung Col. Was man für diesen Service wohl bezahlt?



Aufstieg zum Col du Mont Brulé.
Blick vom Col auf unsere damalige Aufstiegsroute zum Dent d'Herens.
Harald vor beeindruckender Gletscherkulisse: Der weite Weg zum Col de
Valpelline.
Zur Erholung gibt's ein kleines Stückchen Schrägabfahrt,
dann beginnt der lange und flache Aufstieg über den Haut Glacier
de Tsa de Tsan zum Col de Valpelline (3562m), dem letzten Pass des
Tages. Hier sind wir auch schon mal im Nebel rumgestochert und freuen
uns schon, diesmal das Matterhorn in voller Pracht und aus
nächster Nähe bestaunen zu können. So dachten sie ...
Kaum ist der Col erreicht, senkt sich der Nebel.


Aufstieg zum Col de
Valpelline.
Blick vom Col auf Matterhorn im Nebel.
Ab jetzt geht's nur noch abwärts. Fast zweitausend Meter
Abfahrt erst über den Stockjigletscher, dann über Tiefmatten-
und Zmuttgletscher und schließlich bei Stafelalp auf die Pisten
bis hinunter nach Zermatt. Ein weisser Rausch in mässig dichtem
Nebel, bei dem zum Glück keiner in eine Gletscherspalte fällt
und keiner vom Steinschlag aus der Nordwest Flanke des Matterhorns
getroffen wird.


Abfahrt auf dem Stockjigletscher.


Übergang vom Stockji- auf den Tiefmattengletscher. Im
Hintergrund die Nordwand des Dent d'Herens.
Auf der Stafelalp nehmen wir mit unzähligen anderen
glücklichen Haute Route Absolventen das unvermeidliche Rösti
und ein Bier zu uns und segeln dann mit weichen Knien auf der uns
wohlbekannten Talabfahrt vollends hinunter nach Zermatt. Dort
quartieren wir uns in der Jugendherberge ein, verzehren ein weiteres
ausgiebiges Mahl und beschliessen aufgrund des günstigen
Wetterberichts, die Haute Route am folgenden Tag nach Saas Fee
fortzusetzen.
Siebter Tag