Haute Route
(20.-27. März 2004)
Die Beteiligten

Holger
Stefan
Annegret
Harald
Start in Argentière
Die legendäre Berner Oberland Durchquerung liegt
schon wieder vier Jahre zurück, und seitdem beschränkten sich
alle skialpinistischen Unternehmungen auf verlängerte Wochenenden.
Dieses Jahr soll es allerdings wieder eine Skitour von epischerer
Länge werden. Was liegt da näher als der Klassiker unter den
Skidurchquerungen, die 'Haute Route' von Chamonix nach Zermatt.
Die ernsthaft arbeitende Hälfte der Protagonisten nimmt sich eine
Woche frei, die transatlantische Fraktion nutzt den 'spring break'
nicht zur Sauftour nach Florida, sondern zu einem Flug nach Genf. Von
dort geht's an selbigem Tag weiter nach Argentière, wo wir auf
Harald
und Holger treffen. Der Flug war lang, die Nacht ist kurz, doch am
nächsten Morgen stehen wir um sieben mit jetlagweichen Gliedern an
der Talstation der Seilbahn von Grands Montets und warten auf die erste
Gondel.

Das perfekte Kopfwehprogramm: Unakklimatisierte Seilbahnauffahrt aus
dem Flachland in große Höhe (3295m), dann eine Monsteretappe
zur
Cabane de Trient mit anschließender Übernachtung auf 3170m.
Aber die Zeit ist knapp, und wenn wir unseren Schlechtwetter-Reservetag
nicht verschenken wollen, müssen wir in den sauren Apfel beissen.
Die Sonne lacht zwischen ein paar Schleierwolken hindurch, aber an der
Bergstation angekommen bläst der Wind so stark, dass man alles
festhalten muss, was weniger als 5 Kilo wiegt.

Bergstation Grands Montets. Im Hintergrund der Mont Blanc.
Das Gletschergeraffel wird angelegt und die ersten wackligen
Schwünge auf der vereisten Piste hinab zum Glacier
d'Argentière
werden in Angriff genommen. Irgendwann verlässt man die Piste, um
das Becken des Argentière Gletschers weiter oben zu gewinnen.
Wir haben
die Wahl zwischen mehreren wohlausgefahrenen Spuren, die ins
Gelände führen. Unsere unwissende Wahl fällt auf einen
Abenteuerparcours durch einen Gletscherbruch des Glacier de Rognons,
den ein Bergführer
zur Unterhaltung seiner Kunden angelegt haben muss.


Doch irgendwann finden wir auch aus diesem Labyrinth heraus und nach
ein paar Schwüngen im inzwischen schon leicht angesulzten Schnee
erreichen wir den Argentière Gletscher, von wo sich auch gleich
ein
Blick zum nächsten Ziel des heutigen Tages, dem Col de Chardonnet
(3321m),
bietet.

Links das Becken des Glacier d'Argentière, rechts der Col
de
Chardonnet. Der Anstieg verläuft im unteren Teil rechts durch die
Felsen.
Die Sonne sengt und Zeitverschiebung, Schlafmangel und Höhe
machen sich bemerkbar. Doch es müssen noch zwei Pässe
überwunden werden, bevor das Tagesziel, die Cabane de Trient,
erreicht ist. Also, Zähne zusammengebissen und rein in den
Steilhang zum Col de Chardonnet. Der Hang ist so hartgefroren, dass wir
die Harscheisen anlegen.

Die Anfangspassage durch die Felsen. Der Hang ist so eisig und
steil, dass einem bei jeder Spitzkehre der Angstschweiss ausbricht.

Kurz vor dem Col de Chardonnet.
Im Col angekommen, werden die Skier auf den Rucksack geschnallt.
Die Rinne auf der anderen Seite des Cols ist zu schmal und zu steil
(bis 50°), als dass wir sie mit Skiern befahren könnten. Also
ablassen, abseilen, abklettern. Zum Glück gibt's oben einen solide
gebohrten Stand.

Abklettern vom Col de Chardonnet. Oben rechts im Bild ein
Skitourist auf dem Glacier de Saleina.
Unten angekommen, geht's weiter über den Glacier de Saleina
zum nächsten Pass, dem Fenêtre de Saleina (3261m). Langsam
verdichten sich die Schleierwolken, und am Fusse des Passes fängt
es an zu schneien. Auch für diesen Anstieg erweist es sich als
günstig, die Skier auf den Rucksack zu schallen. Puristen, die
möglichst alles mit Skiern an den Füssen bewältigen
wollen, müssen dies noch im unteren Drittel des Hanges einsehen
und unter heiklen Verrenkungen umrüsten. Der Wind ist unterdessen
nicht schwächer geworden und kommt in unangenehm starken
Fallböen durch das Fenêtre, greift in die aufgeschnallten
Skier und droht, einen den Hang hinunterzuwerfen.


Im Fenêtre de Saleina beim Felleaufschnallen im Sturm.
Auf dem Glacier de
Saleina.
Anstieg zum Fenêtre de Saleina im Schneetreiben.
Vom Fenêtre de Saleina geht's über das Plateau de
Trient fast flach rüber zur Cabane de Trient. Dieses 'rüber'
muss man aber erstmal finden. Denn inzwischen ist der Vorhang (i.e. der
Nebel) gefallen und wir geraten in ziemliche Schwierigkeiten. Jeder
größere Felsblock am Gletscherrand wird für die
Hütte gehalten. Irgendwann finden wir uns aber doch zurecht und
nach einem knackigen Endanstieg können wir unsere matten Glieder
am Hüttenofen aufwärmen. Außer uns befinden sich auf
der Hütte noch zwei größere geführte Partieen.
Die Nacht ist aufgrund des unakklimatisierten Höhenaufenthaltes
nicht besonders gemütlich. Es stürmt und schneit die meiste
Zeit, und am nächsten Morgen erwachen wir zu ca. 10cm Neuschnee
und passablem Wetter.
Zweiter bis vierter Tag